Kurzzusammenfassung
Eine neuartige medikamentöse Behandlung myombedingter Beschwerden, wie z.B. starke Blutungen, ist mit Ulipristalacetat möglich. Das ist ein sogenannter Progesteronrezeptormodulator. Er greift in Ihren Hormonhaushalt ein, indem er die Wirkung von Progesteron blockiert. Progesteron kontrolliert das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut und fördert das Wachstum von Myomen. Durch die Einnahme des verschreibungspflichtigen Medikamentes verringert sich meist innerhalb von ein bis zwei Wochen die Stärke Ihrer Blutungen, häufig kommen sie vollständig zum Stillstand. Die Myomzellen teilen sich nicht mehr und sterben ab, wodurch die Myome sich verkleinern. Ulipristalacetat darf nur bei Frauen angewendet werden, die für eine myombedingte Operation vorgesehen sind. Die Behandlungsdauer darf drei Monate nicht überschreiten, da die aktuelle Studienlage nur diesen Zeitraum abbildet.
Was kann die medikamentöse Therapie mit Ulipristalacetat für mich bewirken?
Zeitnahe Abnahme der Blutungsstörungen
Der sichtbarste Effekt der Einnahme des Medikamentes ist, dass die Stärke der Regelblutung sehr schnell stark abnimmt. Bereits innerhalb weniger Tage verringern sich Dauerblutungen oder bleiben vollständig aus. Eine Blutarmut (Anämie), die häufig bei Frauen mit starken Blutungen vorliegt, kann sich während der medikamentösen Therapie mit Ulipristalacetet zurückbilden. Durch die starken Blutungen haben betroffene Frauen eine verringerte Konzentration an rotem Blutfarbstoff, dem so genannten Hämoglobin. Die körpereigenen Eisenspeicher verringern sich – Schwäche, Müdigkeit, Abgeschlagenheit können auftreten.
Hämoglobingehalt bessert sich – Eisenspeicher aufgefüllt
Während der Therapie mit Ulipristalacetat steigt durch den Rückgang der Blutungen der Hämoglobingehalt wieder an. Dann können auch die Eisenspeicher wieder aufgefüllt werden. Findet im Anschluss an die Behandlung eine Operation statt (Myomenukleation oder Hysterektomie), so ist ein guter Allgemeinzustand mit gutem Hämoglobingehalt für Sie von Vorteil.
Myomwachstum gehemmt durch kontrollierten Zelltod
Zusätzlich hemmt Ulipristalacetat das Wachstum der Myome, indem es den kontrollierten Zelltod der Myomzellen, die so genannte Apoptose, fördert. Das geschieht durch das Andocken von Ulipristalacetat an den Rezeptor für das Progesteron. Die wachstumsfördernde Wirkung von Progesteron auf das Myom wird unterbunden. Die Myome verkleinern sich durchschnittlich um 30-50% ihrer Größe. Ist bei Ihnen eine z.B. eine Myomentfernung (Myomenuklation) geplant, so ist es günstig, kleinere Myom-Gewebeknoten zu entfernen, um die Gebärmutter möglichst großflächig erhalten oder rekonstruieren zu können.
Behandlung nur in Kombination mit geplanter OP
Die Behandlung mit Ulipristalacetat kann für 13 Wochen durchgeführt werden, wenn anschließend eine Entfernung der Myome durch eine Operation geplant ist. Eine Behandlungsdauer von mehr als 13 Wochen ist für die Behandlung von Gebärmuttermyomen nicht vorgesehen. Die Verkleinerung der Myome bleibt noch mindestens sechs Monate nach Absetzen des Präparates bestehen. Ob der Effekt noch länger anhält, ist noch nicht bekannt.
Die Zulassung des Medikamentes erfolgte am 23.02.2012 durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA (European Medicines Agency). Die Behandlung mit Ulipristalacetat über einen Zeitraum von 13 Wochen bis zu drei Monaten zielt auf eine anschließende Operation hin. Ob und welche Operation sinnvoll ist, besprechen Sie bitte mit Ihrem behandelnden Frauenarzt.*
Ist diese Therapie zur Linderung meiner myombedingten Beschwerden geeignet?
Die Einnahme von Ulipristalacetat kann bei Ihnen zum Einsatz kommen, wenn Ihre Myome mittelstarke bis starke Beschwerden hervorrufen (z.B. starke Blutungen, Unterleibsbeschwerden, Einschränkung der Fruchtbarkeit) und voraussichtlich im Anschluss eine Operation stattfinden soll (Myomenukleation oder Gebärmutterentfernung (Hysterektomie)). Bei den meisten Frauen verringert sich die Stärke der Menstruationsblutung deutlich und damit zusammenhängende Beschwerden werden weniger. Um die Gebärmutter bei einer Entfernung der Myome möglichst erhalten zu können, ist es hilfreich, wenn die Myome so klein wie möglich sind. Zwar lassen sich auch große Myome gebärmuttererhaltend operieren, doch eine Operation wird etwas leichter, wenn die zu entfernenden Gewebeknoten möglichst klein sind. Hier finden Sie weitere Informationen zur Größe von Myomen.
Ist eine Entfernung der Myome durch eine Gebärmutterspiegelung (hysteroskopische Myomabtragung) vorgesehen, kann sich die geplante Operationsdauer verkürzen. Bei großen Myomen (über 4 cm) verläuft die Operation häufig an mehreren Tagen, da diese Myome nicht auf ein Mal operiert werden können. Hier kann eine vorherige Verkleinerung bewirken, dass die Myome in einer Sitzung entfernt werden können.
Mit Ulipristalacetat steht Ihnen bei Myombeschwerden eine neue Möglichkeit der medikamentösen Behandlung zur Verfügung. Dennoch sollten Sie Ihrer Entscheidung für eine Therapie nicht vorschnell treffen. Jede Behandlungsmethode hat Vor- und Nachteile. Dieses Präparat bewirkt eine Veränderung Ihres Hormonhaushalts. Mit diesem Medikament verschwinden mitunter nicht alle Probleme und Beschwerden, möglicherweise treten Nebenwirkungen auf. Vielmehr sollten Sie für sich klären, welche Ziele eine Behandlung für Ihre individuelle Situation erreichen soll.
- Möchte Sie beschwerdefrei sein soll das Wachstum der Myome für die Dauer der Anwendung verkleinert werden ?
- Oder sollen die Myome ganz verschwinden?
- Wünschen Sie sich Kinder oder ist Ihre Familienplanung abgeschlossen?
- Stehen Sie kurz vor der Menopause den Wechseljahren oder sind Sie noch weit davon entfernt?
- Möchten Sie Ihre Gebärmutter erhalten und vielleicht Alternativen zur Operation mit Ihrem Arzt besprechen?
Alle diese Faktoren beeinflussen, welche Therapie für Sie in Ihrer individuellen Situation richtig ist. Scheuen Sie sich nicht, mit Ihrem Arzt über Ihre Wünsche und auch Ihre Sorgen zu sprechen. Nur so können Sie gemeinsam den für Sie optimalen Behandlungsweg finden.
Die medikamentöse Therapie mit Ulipristalacetat und Schwangerschaft
Während einer Schwangerschaft und während der Stillzeit darf Ulipristalacetat nicht eingenommen werden, da es keine Untersuchungen dazu gibt, ob sich der Wirkstoff nachteilig auf das Baby auswirkt. Ulipristalacetat unterdrückt während der Einnahme meist den Eisprung. Dennoch ist eine zusätzliche Verhütung notwendig, weil unerwünschte Wirkungen auf einen Embryo nicht ausgeschlossen werden können. Da das Medikament in die hormonelle Situation des Körpers beeinflusst, wird empfohlen, nicht mit gestagenhaltigen Verhütungsmitteln (alle „Pillen“, Hormonspirale) zu verhüten. Vielmehr soll eine nicht-hormonelle Methode der Empfängnisverhütung verwendet werden.
Ulipristalacetat wird schon länger als „Pille danach“ eingesetzt. Dennoch ist das hormonell wirkende Produkt als Verhütungsmittel nicht zugelassen. Die Ärzte müssen deswegen „formell“ zu einer zusätzlichen Verhütung mit nichthormonellen Mitteln (z.B. Kondom, Kupferspirale) raten, solange Ulipristalacetat angewandt wird.
Frauen, die das Medikament 13 Wochen eingenommen haben, haben in der Regel nach spätestens vier Wochen wieder einen Eisprung und können dann theoretisch schwanger werden. Ob es nach der Einnahme von Ulipristalacetat schneller gelingt, schwanger zu werden, ist bisher nicht untersucht. Bei Fragen zum Kinderwunsch nach einer Behandlung sprechen Sie mit Ihrem Arzt.
Ablauf der Therapie
Sind Sie auf Grund Ihres myombedingten Beschwerdebildes in Absprache mit Ihrem Arzt für eine Operation vorgesehen, kann eine Behandlung mit Ulipristalacetat im Vorfeld zum Einsatz kommen. Falls Sie mit Ihrem Arzt diese Entscheidung treffen, werden Sie 13 Wochen maximal 3 x 28 Tage lang täglich eine Tablette einnehmen. Nach dem Ablauf des Behandlungszeitraumes wird Ihr Arzt Sie untersuchen und mit Ihnen besprechen, wie weiter verfahren werden soll. Zwischenzeitlich wird Ihr Arzt den Erfolg der Therapie beurteilen und den Behandlungsplan anpassen. Es gibt auch Fälle, in denen Ulipristalacetat nicht oder zu wenig wirkt.
Vorsorge und Nachsorge bei der medikamentösen Therapie mit Ulipristalacetat
Eine Vorsorge im engeren Sinne ist bei der Behandlung mit Ulipristalacetat nicht notwendig. Im Anschluss an die 13-wöchige Therapie wird Ihr Arzt Sie regelmäßig untersuchen. In Studien wurde beobachtet, dass durch die Einnahme die Gebärmutterschleimhaut dicker wird als üblich. Das hat, soweit bekannt, keinen Krankheitswert. Innerhalb von zwei Monaten nach Absetzen des Medikamentes normalisiert sich die Gebärmutterschleimhaut wieder.
Chancen
Ulipristalacetat gehört zu einer neuartigen Substanzklasse (Progesteronrezeptormodulatoren) und bringt für Sie folgende klinische Vorteile:
- Ihre Blutungen werden in kurzer Zeit verringert oder gestoppt,
- Ihre vorhandene Myome verkleinern sich etwa um die Hälfte,
- der Effekt hält mindestens oft 6 Monate nach Absetzen des Präparates an.
Dennoch wird das Medikament nicht für jedes Myom gleichermaßen sinnvoll sein. Ihr Frauenarzt berät Sie, ob die Behandlung in Ihrem speziellen Fall erfolgversprechend ist. Da das Medikament sehr neu ist (seit Feburar 2012 zugelassen), verfügen noch nicht alle gynäkologisch tätigen Ärzte über entsprechende Erfahrungen. Weitere Studien sollen klären, ob durch mehrere Zyklen mit dem Medikament eine Operation eventuell vollständig vermieden werden kann. Verlässliche Daten dazu werden jedoch erst in einigen Jahren zur Verfügung stehen.
Ebenso muss noch geklärt werden, ob eine Vorbehandlung mit Ulipristalacetat positive oder negative Auswirkungen auf eine anschließende Myomembolisation (UFE) hat, die das Wachstum vorhandener Myome unterbindet. Die Kombination aus einer Vorbehandlung mit Ulipristalacetat und anschließender „Magnetic Resonance imaging-guided High Intensity Focused Ultrasound“, abgekürzt MR-HIFU, wird bereits von einigen Interventionellen Radiologen in Kooperation mit Gynäkologen durchgeführt. Welche Chancen diese Therapie-Kombination bringt, muss jedoch noch untersucht werden. Des Weiteren könnte diese Medikamentenklasse auch bei anderen Erkrankungen, wie der Endometriose oder Adenomyose angewendet werden. Studien dazu laufen derzeit.
Risiken
Die häufigste Nebenwirkung waren Hitzewallungen (bei ca. 12% der Frauen). Weitere häufige Nebenwirkungen sind Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit. Frauen mit schwerem Asthma sollten Ulipristalacetat nicht einnehmen. Daneben gibt es weitere Grunderkrankungen, die einer Behandlung mit dem Medikament entgegenstehen können.
Kosten
Wenn Sie aufgrund Ihrer Situation für eine Operation vorgesehen sind, das verschreibungspflichtige Medikament als Vorbehandlung als sinnvoll erachtet wird, übernehmen die gesetzlichen und privaten Krankenkassen die Kosten.
Lesen Sie zu Ulipristalacetat und dem Produkt Esmya® auch das Interview mit Prof. Thomas Roemer, Chefarzt der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Evangelischen Krankenhaus Köln-Weyertal.