Die Initiative Uterus-myomatosus.net hat mit Prof. Dr. med. Thomas Roemer über die medikamentöse Behandlung von Myomen mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat gesprochen. Ulipristalacetat ist im gynäkologischen Bereich bereits länger bekannt und findet seinen Einsatz im Notfallkontrazeptiva “EllaOne”. Seit Februar 2012 gibt es ein neues pharmazeutisches Produkt namens “Esmya ®” – hier dient der Wirkstoff Ulipristalacetat zur gezielten Behandlung von Myomen, wenn eine Patientin für eine OP vorgesehen ist.
Prof. Dr. med. Roemer ist Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Evangelischen Krankenhaus Köln-Weyertal. Er ist sowohl chirurgisch und endoskopisch tätig und ist Experte für gynäkologische Endokrinologie. Ab diesem Jahr beteiligt er sich an der Studie zum wiederholten Einsatz von Ulipristalacetat in der Behandlung von Myomen.
INI-UM: Seit Februar 2012 ist ein neues Medikament zur Behandlung von Myomen auf dem Markt. Es ist zugelassen für Patientinnen, die für eine OP vorgesehen sind. Was bedeutet das?
Prof. Roemer: Eine Operation kommt für Patientinnen in Frage, die unter myombedingten Beschwerden leiden, welche die Lebensqualität deutlich einschränken. Viele Frauen mit größeren Myomen haben beispielsweise Dauerblutungen, was zu einer Blutarmut und damit zu einem schlechten Allgemeinzustand führen kann. Auch Frauen, die Unterbauchbeschwerden oder Schmerzen haben, und Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch entscheiden sich oft für eine Operation. Für diese Frauen kann es, je nach individueller Situation, sinnvoll sein, die Myome vor einer geplanten Operation mit Esmya® zu behandeln. (Anm. der Red.: Zur Wirkungseise von Esmya® zur Behandlung von Myomen lesen Sie bitte die Therapieinformation über Ulipristalacetat.)
INI-UM: “Bitte erklären Sie uns, für wen Esmya® typischerweise sinnvoll ist. ”
Prof. Roemer: “Ich gebe Ihnen drei Beispiele von typischen Patientinnen, die für Esmya® in Frage kommen:
- Eine Patientin hat ein 12 Zentimeter großes Myom. Sie möchte ihre Gebärmutter nicht entfernen lassen, weil sie gerne noch schwanger werden würde. Sie bekommt Esmya®. Dadurch werden die Myome kleiner und können leichter und schonender mittels Endoskopie entfernt werden. Dann hat sie noch eine Chance, schwanger zu werden.
- Eine junge Patientin hat fünf große Myome, die Gebärmutter besteht fast nur aus Myom. Die Patientin möchte gerne Kinder. Durch die medikamentöse Behandlung mit Esmya® schrumpfen die Myome, die Chance für eine gute Entfernung und Rekonstruktion der Gebärmutter steigt. Eventuell kann sie anschließend noch schwanger werden.
- Eine 55-jährige Patientin hat ein größeres Myom und ist noch nicht in den Wechseljahren. Sie hat Beschwerden, die Gebärmutter würde in einem solchen Fall entfernt werden. Sie möchte nun aber nicht mehr operiert werden. Die Patientin kann Esmya® bekommen, wodurch das Myom kleiner wird und die Beschwerden zurückgehen. Da sie vermutlich bald in die Wechseljahre kommt und das Myom dann nicht mehr wächst, kann auf diese Weise eine Operation eventuell vermieden werden.”
INI-UM: “Was passiert mit den Myomen, wenn nach der Behandlung über 13 Wochen nicht operiert wird?”
Prof. Roemer: “Da aus den Studien bekannt ist, dass die Wirkung von Ulipristalacetat noch mindestens sechs Monate nach Beendigung der Einnahme vorhanden ist, also die Myome noch verkleinert sind, wird es nun eine neue Studie geben, in der eine zyklische Einnahme getestet wird. Eine Fragestellung ist, ob man damit eine Operation komplett vermeiden kann.
INI-UM: “Was sind die wichtigsten Unterschiede zur bisherigen Hormontherapie durch GnRH-Analoga?
Prof Roemer: “GnRH-Analoga greifen direkt in den Hormonhaushalt ein und senken während der Einnahme den Östrogenspiegel deutlich ab. Viele Myome schrumpfen daraufhin zwar, aber die Behandlung hat meist unangenehme Nebenwirkungen. Durch den Östrogenmangel im Körper wird ein Zustand vorgetäuscht, wie er in den Wechseljahren vorliegt. Daher haben viele Frauen Hitzewallungen und andere Symptome, die für die Wechseljahre typisch sind. Außerdem nimmt die Knochendichte bei einer längeren Einnahme ab, was in der Folge zu Osteoporose führen kann. Nach Absetzen des Medikamentes wachsen die Myome auch recht schnell wieder.
Die Wirkungsweise von Ulipristalacetat ist vollkommen anders. Durch den Wirkstoff werden Rezeptoren, also Andockmoleküle in den Myomzellen besetzt, so dass das weiterhin vom Körper produzierte Hormon Progesteron keine Wachstumsimpulse an das Myom weitergeben kann. Es schrumpft daraufhin und auch die Blutungen werden schwächer oder hören ganz auf. Da nicht die Menge des Hormons verändert wird, gibt es auch keine Auswirkungen wie bei den GnRH-Analoga, auch wenn es hier ebenfalls Nebenwirkungen gibt. Im Gegensatz zu den GnRH-Analoga gibt es keine unerwünschten Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel.”
INI-UM: “Ist Esmya® die neue Wunderwaffe gegen Myome?”
Prof. Roemer: “Bisher kann man sagen, dass es sich um einen neuartigen Therapieansatz handelt, der viele klinische Vorteile hat. Dennoch darf man das Medikament nicht als Wunderwaffe betrachten. Es ist für spezielle Anwendungen sehr sinnvoll, aber nicht für jedes Myom. Daher muss vom behandelnden Arzt klar abgewogen werden, ob eine Patientin das Medikament bekommt oder nicht. Wird es differenziert und an den richtigen Stellen eingesetzt, ist es sehr nützlich. Noch besser wäre es zu verstehen, warum sich Myome überhaupt bilden und wie man dem von vornherein entgegenwirken könnte. Eine wirksame Vorsorgemethode würde mir noch besser gefallen, als eine gute Behandlungsmethode.”
Wir danken Prof. Roemer für das Interview.
Kontakt:
Prof. Dr. med. Thomas Roemer
Chefarzt der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe
Evangelisches Krankenhaus Köln-Weyertal gGmbH
Weyertal 76
D-50931 Köln
Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität zu Köln
Lesen Sie bitte auch unsere objektive Myomtherapieinformation zur Wirkungsweise von Ulipristalacetat, dem Wirkstoff im Produkt “Esmya”® als medikamentöse Behandlungsform bei myombedingten Beschwerden.
Weitere organerhaltende Myomtherapien:
Myomentfernung (Myomektomie) (gynäkologischer Eingriff, operativ)
Myomembolisation (interventionell radiologischer Eingriff, nicht-operativ)
MR-HIFU Magnetresonanzfokussierter Ultraschall (interventionell Rradiologischer Eingriff, nicht-operativ)
Myomtherapie ohne Organerhalt:
Gebärmutterentfernung (Hysterektomie) (gynäkologischer Eingriff, operativ)
Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren: