Über das Konsensuspapier: „Uterusarterienembolisation zur Myomtherapie“

Welche Ergebnisse erzielte das 4. radiologisch-gynäkologische Konsensustreffen?

Die Myomembolisation, auch Uterusarterienembolisation (UAE) genannt, ist ein organerhaltendes Verfahren, das auf die Beseitigung/Verminderung der myombedingten Beschwerden und nicht auf die Myomentfernung abzielt. Die Myomembolisation stellt eine gleichwertige und wissenschaftlich anerkannte Alternative zur chirurgischen Therapie des symptomatischen Uterus myomatosus wie zum Beispiel der Hysterektomie (Gebärmutterentfernung) dar. Das Verfahren wird in Deutschland jedoch derzeit noch nicht ausreichend angeboten. Ärzte* haben daher ein Konsensuspapier herausgegeben, um die Myomembolisation nach wissenschaftlichen Kriterien zu bewerten und ihren Stellenwert aufzuzeigen.

Wozu dient ein Konsensuspapier?

Spricht man von einem Konsens, so bedeutet das die Übereinstimmung von Menschen hinsichtlich einer beschreibbaren Thematik. Bei einem Konsensuspapier von Ärzten handelt es sich danach um ein von mehreren medizinischen Fachgesellschaften und Arbeitsgemeinschaften getragenes Statement, das den derzeitigen Wissensstand zu einer Thematik widerspiegeln möchte.

Die Bedeutung dieser Konsensfindung liegt vor allem darin, allen in diesem Gebiet arbeitenden Ärzten (und Wissenschaftlern) und im weiteren Sinne auch den Betroffenen wissenschaftlich gesicherte Informationen zu bieten, auf deren Basis Therapieentscheidungen verantwortungsvoll getroffen werden können. Ein weiterer Schritt zu mehr Qualität in der Medizin wäre daran anschließend die Erstellung einer für Ärzte noch stärker verbindlichen Leitlinie.

 

Bereits 2005 trafen sich erstmalig Ärzte aus Radiologie (Strahlenkunde) und Gynäkologie (Frauenheilkunde), die in Auswertung vorhandener Literatur, international veröffentlichter Empfehlungen und eigener Erfahrungen nach gemeinsamer Diskussion einen ersten Konsens zur Myomembolisation verabschiedet haben. Im Januar 2013 fand in Berlin das 4. Konsensustreffen statt. Der aus 14 Radiologen und 8 Gynäkologen bestehenden Expertengruppe gehörten auch Radiologen und Gynäkologen aus der Schweiz und Österreich an. Ziel war es, die Myomembolisation erneut auf der Basis vorhandener Literatur, internationaler Empfehlungen und eigener Erfahrungen zu bewerten. Im Folgenden werden die Ergebnisse dieses Konsensustreffens dargestellt. Das nächste Treffen ist für 2015 geplant.

 

Was ist das Ziel der Myomembolisation?

Die Myomembolisation wird als ein organerhaltendes, etabliertes, sicheres und effektives Verfahren zur Therapie von myombedingten Beschwerden angesehen. Sie stellt eine Alternative zum operativen (wie Hysterektomie oder laparoskopische suprazervikale Hysterektomie = LASH) und medikamentösen Vorgehen sowie zur Myombehandlung mit fokussiertem Ultraschall dar, und zwar unabhängig von Größe und Anzahl der Myome oder Voroperationen. Ziel der Myomembolisation ist die Verminderung bzw. Beseitigung dieser Beschwerden und nicht die Entfernung des Myoms selbst. Gleichzeitig wird eine Myomverkleinerung erwartet. Die Ärzte sehen in der Myomembolisation eine Möglichkeit, das Therapiespektrum für die einzelne Patientin zu erweitern und individueller zu gestalten.

 

Wer empfiehlt und berät zur Myomembolisation?

Einigkeit besteht darin, dass die Empfehlung zu einer notwendigen Therapie eines Gebärmuttermyoms (Uterus myomatosus) nach fachärztlicher Untersuchung und Beratung durch einen Gynäkologen erfolgen soll. Dabei wird nur eine Beratung, die neben medikamentösen und operativen Behandlungsmöglichkeiten ausdrücklich auch die Myomembolisation einschließt, als umfassend und vollständig angesehen. Grundlage der Therapieentscheidung sollte die Zielsetzung der Behandlung und der Therapiewunsch der Patientin sein.

 

Welche strukturellen Voraussetzungen werden gebraucht?

Die Myomembolisation sollte nur an Kliniken durchgeführt werden, die seitens der Fachgebiete Gynäkologie und Radiologie über das nötige Fachwissen in der Durchführung der Myomembolisation verfügen. Außerdem sind Kenntnisse in der Schmerztherapie und in der Behandlung von Nebenwirkungen sowie in der konservativen und operativen Therapie von Myomen notwendig. Weil nach der Myomembolisation eine Schmerztherapie notwendig ist, sollte die Maßnahme klinikstationär durchgeführt werden.

Den entsprechenden Kliniken wird eine theoretische und praktische Unterweisung an einem Zentrum mit weitreichender Erfahrung in der Durchführung der Myomembolisation sowie die Teilnahme an einem Kurs über Theorie und Praxis der Myomembolisation empfohlen. Auch die Teilnahme an einer geeigneten Maßnahme zur Sicherung der Qualität, zum Beispiel durch die Fachgesellschaften, wird empfohlen. Dem Strahlenschutz kommt bei der Myomembolisation ebenfalls eine besondere Bedeutung zu.

 

Welche Untersuchungen sind vor einer Myomembolisation notwendig?

Die wichtigste Maßnahme ist die fachärztlich-gynäkologische Untersuchung mit zusätzlichem vaginalem und/oder abdominalem Ultraschall, je nach Größe des Myoms. Sofern der Ultraschall keine eindeutige Aussage ergibt, ist großzügig an eine Magnetresonanztomographie, kurz MRT-Untersuchung zu denken. Vor jeder Myomembolisation muss die Notwendigkeit einer Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie) und einer Zellentnahme (fraktionierten Abrasio) überprüft werden. Der letzte Abstrich aus dem Gebärmutterhals sollte nicht länger als ein Jahr zurückliegen und unauffällig gewesen sein. Auch ein Schwangerschaftstest muss vorliegen.

Weitere wichtige Laborwerte sind: Kreatinin, Gerinnungsstatus, Schilddrüsenwerte (bei bekannter Erkrankung der Schilddrüse), Blutbild und C-reaktives Protein. Außerdem darf keine aktive Entzündung vorliegen.

 

Wann sollte eine Myomembolisation nicht oder nur bedingt zum Einsatz kommen?

Erkrankungen, bei denen eine Myomembolisation grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen soll, sind der Verdacht auf eine Krebserkrankung, Schwangerschaft, aktuelle Infektionen des Unterleibs, eine bekannte Schilddrüsenüberfunktion oder eine Schilddrüsenentzündung.

Daneben gibt es Krankheiten, die im Einzelfall überprüft werden müssen und die eventuell gegen eine Myomembolisation sprechen. Das sind im Einzelnen: Allergien auf jodhaltige Kontrastmittel oder Narkosemittel, Frauen in der Menopause, eine beginnende Schilddrüsenüberfunktion, Nierenfunktionsstörungen, die Spirale, eine nicht abgeschlossene Familienplanung und/oder geschwächte Immunabwehr. Auch Myome, die so liegen, dass sie einer einfachen Entfernung zugänglich sind, gehören dazu. Und schließlich sollte keine Vorbehandlung mit sog. GnRH-Analoga – eine Hormontherapie z. B. bei Brustkrebs oder Endometriose – in den vorausgegangenen 3 Monaten erfolgt sein.

 

Was ist mit Frauen, die noch einen Kinderwunsch haben?

Für Frauen mit myombedingten Beschwerden und Kinderwunsch ist die Rolle der Myomembolisation als Behandlungsoption auch weiterhin durch die vorliegende Literatur nicht ausreichend geklärt. Bevor bei einer Patientin mit nicht abgeschlossener Familienplanung und ausgeprägtem Myombefund eine Gebärmutterentfernung in Erwägung gezogen wird, sollte jedoch die Möglichkeit einer Myomembolisation genauer geprüft werden.

 

Ein Sonderfall: die präoperative Myomembolisation (PUAE)

Frauen, die einen Uteruserhalt unbedingt wünschen, bei denen aber vor einer operativen Myomentfernung bereits von einem deutlich erhöhten Blutungsrisiko ausgegangen wird und/oder bei denen das Risiko einer eventuell doch notwendigen Gebärmutterentfernung als hoch eingeschätzt wird, kann eine Myomembolisation unmittelbar vor der OP angeboten werden. Beispiele dafür wären sehr große Myome und/oder multiple Myome, schwierig zu entfernende große Myome, Myome mit ungünstiger Lage.

 

Welche Nebenwirkungen oder Komplikationen gibt es?

Wie bei jedem Eingriff, kann es zu unbeabsichtigten Wirkungen, sog. Nebenwirkungen kommen. Ausfluss kann zunächst in den ersten Wochen nach Myomembolisation normal sein. Bei größeren Beschwerden sollte der Ausfluss untersucht und behandelt werden. Schmerzen oder Abgang von Gewebsteilen können vor allem bei sich unter die Schleimhaut verlagernden Myomen auftreten.

Als relevante und typische Nebenwirkungen der Myomembolisation werden beschrieben:

– vorübergehendes oder anhaltendes Ausbleiben der Regelblutung

– Schmerzen

– Ausfluss

– Leistenhämatom, Gefäßverletzung, Nervirritation

– vaginaler Abgang von Myommaterial

– Hitzewallungen

– Entzündungen in der Gebärmutter

– sog. Postembolisationssyndrom, das sind v. a. Unterbauchschmerzen, Fieber, allgemeines Unwohlsein nach der Myomembolisation

– tiefe Beinvenenthrombose oder Lungengefäßverschluss.

 

Wann erfolgt die Nachuntersuchung?

Eine Nachuntersuchung durch den Facharzt für Gynäkologie/Radiologie wird 6 Monate nach Myomembolisation empfohlen. Dabei können auch bildgebende Untersuchungsverfahren eingesetzt werden. Sollte die Myomembolisation nicht den gewünschten Erfolg erzielt haben und somit keine Besserung der myombedingten Beschwerden eingetreten sein oder sollten sich die Myome vergrößern, ist eine weitere Abklärung notwendig.

 

Das Konsensuspapier wird von folgenden Gynäkologen und Radiologen unterstützt:

PD Dr. med. Ralf Adamus/Nürnberg

Dr. med. Michael Bartsch/Hamburg

Dr. med. Tobias Belting/München

Prof. Dr. med. Christoph A. Binkert/Winterthur (CH)

Dr. Andreas Hatopp/Stuttgart

Dr. med. Thomas Hess/Winterthur (CH)

Prof. Dr. med. Augustinus L. Jakob/Zürich (CH)

Dr. med. Elke Krystek/Heidelberg

PD Dr. med. Peter Landwehr/Hannover

PD Dr. med. Boris Radeleff/Heidelberg

Dr. med. Göntje Peters/Kiel

Prof. Dr. med. Thomas Pfammatter/Zürich (CH)

Prof. Dr. Dr. Thomas Rabe/Heidelberg

Dr. med. Gernot Rott/Duisburg

Dr. med. Renana Schinker/Hamburg

Dr. med. Wolfram Seifert/Gehrden

PD Dr. med. Wulf Siggelkow/Hannover

Prim. Univ.-Prof. Dr. Siegfried Thurnher/Wien (AT)

Prof. Dr. med. Dierk Vorwerk/Ingolstadt

Prim. PD Dr. Peter Waldenberger/Linz (AT)

 

An diesem Konsensuspapier waren die folgenden medizinischen Fachgesellschaften und Arbeitsgemeinschaften beteiligt:

AGE (Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Endoskopie),

DeGIR (Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie),

DGGEF (Deutsche Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin),

DGGG (Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe),

ÖGIR (Österreichische Gesellschaft für Interventionelle Radiologie) und

SSCVIR (Schweizer Gesellschaft für Kardiovaskuläre und Interventionelle Radiologie).

 

Quelle: Thomas Kröncke, Matthias David. Frauenarzt 51 (2010) Nr. 7.
Autorin dieses Beitrags: Bettina Baierl, Stand Oktober 2013

 

* Im Beitrag wird das generische Maskulinum verwendet, das männliche und weibliche Personen gleichermaßen meint, ohne die Benachteiligung eines Geschlechtes zu beabsichtigen.

Facebook Twitter Email