Aufbau & Funktion der Gebärmutter (Uterus)

ein Gastbeitrag von Dr. med. Barbara Ehret

Falls bei Ihnen eine Behandlung Ihrer Gebärmutter Myome ansteht, kann es sinnvoll sein zu klären, welche Bedeutung Ihre Gebärmutter für Sie persönlich hat. Davon kann für Sie abhängen, für welche der möglichen Behandlungsmethoden (organerhaltend oder organentfernend) Sie sich entscheiden. Fühlen Sie bitte in sich hinein und fragen Sie sich, in welcher Beziehung Ihre Gebärmutter zu Ihrer Weiblichkeit steht. Es kann durchaus sein, dass Sie das Gefühl entwickeln, auf das Organ verzichten zu können. Ebenso ist es möglich – und zwar unabhängig vom Kinderwunsch oder Ihrem Alter, dass Sie ihr Gebärorgan als Teil Ihres Körpers unbedingt behalten wollen. In jedem Fall sollten Sie nach einem ausführlichen Beratungsgespräch mit Ihrem Arzt und nachdem Sie für sich das Für und Wider der verschiedenen Therapiemethoden gegeneinander abgewogen haben, selbstbestimmt entscheiden.

Die Ausbildung der weiblichen Geschlechtsorgane beginnt im Mutterleib bereits in der 4. Schwangerschaftswoche unter dem Einfluss der beiden X-Chromosome. Die weiblichen Unterleibsorgane sind spiegelbildlich angelegt und haben eine zentrale Achse, bestehend aus Gebärmutter, Scheide und Klitoris. An beiden Seiten liegen die Eileiter und die Eierstöcke sowie die Schamlippen. Bereits im ersten Jahrhundert nach Christus erkannte Aretaeus der Kappadokier, ein türkischer Arzt, die Bedeutung der Gebärmutter: Sie sei wie ein Wesen im Wesen. Sie wurde zur damaligen Zeit als eigenständiges und lebendiges Geschöpf gesehen. Die moderne Hirnforschung bestätigt heute die Eigenständigkeit der Organe. Jede Frau weiß, wie sehr die Gebärmutter und ihre Funktionen ihre Gefühle, den Kräftehaushalt und das Selbstwertgefühl beeinflussen kann.

Der Aufbau der Gebärmutter

Die Gebärmutter liegt im Zentrum der Unterleibsorgane und gleicht in Form und Größe ungefähr einer kleinen Birne. Der schmalere Teil ragt als Gebärmutterhals (Cervix) ein Stück weit in die Scheide hinein, nach oben rundet sich der Gebärmutterkörper (Corpus uteri) in den Bauchraum. Die Gebärmutterwand ist dreischichtig aufgebaut: Sie besteht aus kompliziert konstruiertem  Muskelfasergewebe (Myometrium), das sich im Verlauf einer Schwangerschaft stark dehnen kann. Außen wird sie zum großen Teil bedeckt von einer Bauchfellschicht (Serosa). Die Gebärmutterhöhle (cavum uteri) im Inneren der Gebärmutter wird ausgekleidet durch die Gebärmutterschleimhaut (Mucosa). Die Gebärmutterhöhle ist nach unten durch einen schmalen Kanal (Gebärmutterhalskanal) mit der Scheide verbunden, der im Muttermund (Portio) mündet. Wenn Sie in die Hocke gehen können Sie tief in der Scheide den Muttermund als kleine Kuppe ertasten. Aus dem oberen Teil der Gebärmutterhöhle gehen zu beiden Seiten die etwa 12 cm langen Eileiter (Tuba ovarica) ab.

Gebärmutter

Die Eierstöcke und Eileiter

Die Eierstöcke haben Größe und Form einer kleinen Pflaume, sind mehrschichtig aufgebaut und stellen ein hormonelles Kraftwerk dar, in dem Monat für Monat die Eizellen heranreifen und gleichzeitig die weiblichen Hormone – die Östrogene und das Progesteron – gebildet werden.
Die Eizelle reift in einer Zyste des Eierstockes (Follikelzyste od. Corpus luteum cyste) heran, die etwa in der Mitte des Zyklus platzt und das Ei ausstößt. Der Eileiter, der sich auf der Seite befindet wo der Eisprung stattfindet, nimmt mit seinem beweglichen Fimbrientrichter das Ei auf. Er transportiert es auf der Suche nach männlichen Samenfäden in Richtung Gebärmutter. Feine Flimmerzellen halten die Eizellen auf ihrem Weg in Bewegung.
Gleichzeitig schicken die Eierstöcke über Botenstoffe (Hormone) die Nachricht an Hormondrüsen im Gehirn: „Eizelle ist auf dem Weg, Gebärmutterschleimhaut kann wachsen“. Wird das Ei befruchtet, ist das Bett für eine Schwangerschaft vorbereitet und wächst weiter. Wird es nicht befruchtet, wird die Schleimhaut abgestoßen und es kommt zur Regelblutung.
Die Eierstöcke stehen im Zentrum eines komplexen Hormonkreislaufs, der für die Fruchtbarkeit und den weiblichen Lebensrhythmus zuständig ist. Er wird durch Botenstoffe aus der Hirnanhangdrüse gesteuert, die wiederum in Verbindung stehen mit dem Hypothalamus, einer weiteren Hormondrüse im Gehirn.

Die Scheide (Vagina)

Die Scheide ist ein etwa 10 cm langer weicher Gewebeschlauch, der nach oben den Gebärmuttermund (Portio) umschließt. Nach außen verjüngt sich die Scheide und wird durch das Jungfernhäutchen (Hymen) etwas eingeengt. Die Harnröhre mündet in den vorderen unteren Scheidenbereich. Die Scheide ist mit einem widerstandsfähigen, hautähnlichen, elastischen Gewebe ausgestattet. In der obersten Schicht dieses Scheidenepithels wird eine Art Stärke, das Glykogen gebildet. Zusammen mit den Döderleinbakterien, die natürlicherweise in der Scheide vorkommen, bildet es Milchsäure. Gemeinsam erschaffen sie ein saures Milieu im Scheideninneren, welches einen natürlichen Schutz vor Bakterien bietet. Unterhalb des Scheidenepithels und im Scheidenvorhof gibt es Schleimdrüsen, die Schleim bilden – besonders stark bei sexueller Erregung.
Der sichtbare Bereich der Scheide heißt Scheidenvorhof und gehört zu den äußeren Geschlechtsorganen (Vulva): diese besteht aus jeweils zwei kleinen (Labia minora) und zwei großen Schamlippen (Labia majora), dem Kitzler (Klitoris) und dem Damm.
Die Klitoris besteht aus zwei Schwellkörpern und verfügt über viele, eng aneinander geschmiegte Nervenendungen durch die sie ihre eigene, direkte Verbindung zum Gehirn hat. Die Klitoris ist mit der Spitze eines Eisberges vergleichbar: unter der Haut ziehen sich ihre Wurzeln, welche aus Schwellgewebe bestehen, und ihre Nerven durch den gesamten Beckenboden.
Die kleinen Schamlippen besitzen ebenfalls Schwellkörper. Sie bestehen außen wie die Scheidenhaut aus elastischem, hautähnlichen und widerstandsfähigen Gewebe (Plattenepithel). Ihre Innenseite ist überzogen durch eine Schleimhaut.
Die Vagina hat ihr eigenes Stütz- und Haltesystem aus Bändern, die rund um die Vagina angeordnet sind, im Körper.

Die Umgebung der Gebärmutter

Die Unterleibsorgane werden von unten durch den Beckenboden und von oben durch das Bauchfell sowie durch elastische Bänder gehalten. Hier laufen Nerven, Bindegewebe und Muskulatur rund um die Gebärmutter zusammen. Einige umliegende Nervenstränge umschlingen den Gebärmutterhals.
Die Gebärmutter liegt im Zentrum aller Unterleibsorgane. Mit einigen Organen ist sie fest, mit anderen elastisch verbunden. So ist die Vorderwand der Gebärmutter mit der Harnblase durch eine Umschlagfalte des Bauchfells verbunden. Auch ein Teil des Dickdarmes hat eine enge Verbindung mit dem unteren Teil der Gebärmutter. Zudem verfügt er über eine gemeinsame Wand mit der Vagina.
Ihre Bänder, von denen sie gestützt und gehalten wird, sind flexibel. Sie können sich während einer Schwangerschaft beispielsweise um das Vielfache ihrer ursprünglichen Länge dehnen und danach wieder verkürzen.

Die Bedeutung der Gebärmutter (Uterus)

Die Gebärmutter (Uterus) ist ein hochkomplexes, äußerst flexibles und dehnbares Organ, das nahtlos in den weiblichen Körper eingebettet ist. Sie steht im Zentrum eines hormonellen Kreislaufs. Sie gehört wie selbstverständlich zum Frauenleben und bringt sich mit ihren Blutungen von der ersten Regel an Monat für Monat in Erinnerung. In Verbindung mit diesem gleichmäßigen Rhythmus beeinflusst Sie über einen „direkten Draht“ zum Gehirn die Gefühlswelt der Frau. Im Verlauf eines Frauenlebens ist die Gebärmutter einem starken Bedeutungswandel unterworfen (Eintritt der Menstruation, Schwangerschaft, Eintritt der Wechseljahre) – eine Tatsache, die weitreichende Auswirkungen auf die Gefühle, das Verhalten und den Alltag der Frau hat.

Als zentrales Sexualorgan ist die Gebärmutter sowohl auslösendes als auch empfangendes Organ weiblicher Sexualität. Ihre natürliche Bedeutung als Schwangerschafts- und Geburtsorgan prägen das individuelle Frauenleben. So entsteht – oft unbewusst – eine hohe emotionale Bindung zu diesem weiblichsten aller Organe, die häufig unabhängig von der tatsächlichen Fruchtbarkeit der Frau und genauso unabhängig von ihrem Alter ist.
Es ist wenig bekannt, dass die Gebärmutter die Gefühle der Frau zum Ausdruck bringen kann: Sie reagiert auf Freude, auf Trauer, auf Stress und auf Angst. Ihre Ausdrucksmittel sind starke, schwache, langanhaltende oder ausbleibende Blutungen, Krämpfe, Ausfluss und Lustlosigkeit.

Frauen erleben operative und andere Behandlungen an der Gebärmutter auf vollkommen unterschiedliche Weise. Was der einen wehtut, ist für die andere kein großer Verlust. Wo stehen Sie? Was bedeutet für sie das Wort „Verlust“ im Zusammenhang mit Ihrer Gebärmutter? Das ist die Frage, die es zu beantworten gilt, bevor Sie sich für eine Behandlungsmethode entscheiden, falls Sie Myome in sich tragen, die Beschwerden verursachen. Sind Sie bereit, auf Ihre Gebärmutter zu verzichten? Suchen Sie nach einer Möglichkeit nur das Myom zu entfernen und die Gebärmutter oder den Gebärmutterhals zu erhalten? Oder möchten Sie Ihre Myome lieber mit einem nicht-chirurgischen Therapieverfahren behandeln?
Es kann sehr hilfreich für Sie sein, Ihre Ziele klar zu formulieren: Was möchten Sie mit der Behandlung erreichen? Welche Risiken sind Sie bereit einzugehen und wie sehen diese aus?

Sie können jederzeit eine zweite ärztliche Meinung einholen. Ihre Gebärmutter ist immer auch ein emotionales Thema. Es kann sein, dass es daher manchmal etwas schwerfällt, klare Gedanken zu fassen. Erleichtern Sie sich bitte Ihre Situation, indem Sie seelische Verstärkung (beispielsweise eine Freundin oder Ihren Partner) zu wichtigen Gesprächen mitnehmen.

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