Myome und Hormone – so wirken sie zusammen

Kurzzusammenfassung

Myome sind gutartige Muskelgewebeknoten der Gebärmutter. Sie entstehen aus Muskelzellen, die schneller wachsen und sich teilen als der Rest der Zellen der Gebärmutter. Der Grund, warum das bei einigen Frauen passiert und bei anderen nicht, ist bisher nicht bekannt. Ebenso ist nicht erforscht, warum ein oder mehrere Myome entstehen, warum manche sehr schnell und andere langsam wachsen. Sicher ist, dass Myome durch die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Gestagen zum Wachstum angeregt werden. Welchen Einfluss die Hormone haben und wie sich hormonelle Veränderungen auf das Wachstum von Myomen auswirken, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was sind Hormone?

Hormone sind Botenstoffe, die über verschiedene Mechanismen im Körper wirken können. Wie eine Art Nachrichtenübermittler überbringen Hormone den passenden Botenstoff zu den entsprechenden Zellen und Organen und aktivieren so deren für sie vorgesehene Funktion. Hormone werden von extra dafür vorgesehenen Körperzellen gebildet und an die Umgebung dieser Zellen oder in die Blutbahn abgegeben. An ihrem Zielort binden Hormone an einen exakt zu diesem von ihnen zu übermittelnden Botenstoff passenden Empfängermolekül auf der Oberfläche einer Zelle, an einen sogenannten Rezeptor. Dadurch wird in die dafür vorgesehene Zelle ein Signal weitergegeben, was – je nach Hormon – unterschiedliche Auswirkungen haben kann. Zum Beispiel wird über Hormone bzw. deren Konzentration zu verschiedenen Zeitpunkten geregelt, dass in jedem weiblichen Zyklus ein Eibläschen reift und zum Eisprung gelangt.

Wie wirken Hormone auf Myome?

Grundsätzlich sind im Zusammenhang mit Myomen die weiblichen Geschlechtshormone von entscheidender Bedeutung. In der Gruppe der Östrogene ist das 17β-Östradiol das Hormon mit der größten Wirkung auf das Myomwachstum. Bei den Gestagenen ist es das Progesteron (Gelbkörperhormon), das eine differenzierte Rolle spielt.Das Hormon Progesteron wirkt unter gewissen Bedingungen als Gegenspieler des Östrogens, auch wenn es das Wachstum von Myomen nicht verhindern kann. Andererseits ist es im Konzert zusammen mit Östrogenen in der Lage, das Wachstum anzuregen.

Wer bekommt Myome?

Die Frage, wer eigentlich Myome bekommt, ist leicht beantwortet: die geschlechtsreife Frau. Mädchen vor der ersten Regelblutung (Menarche) können keine Myome bekommen und Frauen, die bis zu den Wechseljahren keine Myome hatten, bekommen nach der letzten Regelblutung (Menopause) auch keine mehr. Schon dadurch wird deutlich, dass Myome irgendetwas mit den weiblichen Geschlechtshormonen, den Östrogenen und den Gestagenen, zu tun haben müssen, denn während der Kindheit haben die weiblichen Geschlechtshormone Sendepause. In den Wechseljahren wird die körpereigene Hormonproduktion gedrosselt; vorhandene Myome stellen das Wachstum ein, neue entstehen nicht mehr. Myome gehören daher zu den hormonabhängigen Tumoren. Keine Sorge: das Wort „Tumor“ ist rein medizinisch die Bezeichnung für ein Geschwulst, welches gut- und bösartig sein kann. Ein Tumor ist also nicht gleichzusetzen mit Krebs. Myome sind gutartig und müssen – wenn Ihnen dadurch keine Beschwerden entstehen – nicht behandelt werden.

Warum entwickelt jede dritte bis vierte Frau Myome?

Die genauen Ursachen sind bis heute nicht bekannt. Eine erbliche Komponente ist beteiligt, weil Töchter von Müttern, die Myome haben oder hatten, häufiger ebenfalls die gutartigen Muskelgewebeveränderungen bekommen. Bestimmte Menschengattungen weisen häufiger Myome auf.

Keine Frau kann etwas dafür, dass sie Myome bekommt. Eine Suche nach Gründen, warum gerade Sie betroffen sind, erübrigt sich dadurch. Myome sind gutartig. Es gibt heute eine Reihe verschiedener Methoden, um Beschwerden verursachende Myome zu behandeln oder zu entfernen, vielfach unter Erhaltung der Gebärmutter. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Seite zu Myom-Behandlungsmethoden.

Wachstumsgeschwindigkeit der Myome

Nicht jedes Myom spricht auf die Wachstumsimpulse gleich an. Es gibt Frauen, die seit zehn Jahren ein drei Zentimeter großes Myom haben, das kaum oder nur sehr langsam wächst. Bei anderen Frauen entwickeln sich innerhalb weniger Monate ein oder mehrere größere Myome. Entscheidend für die Wachstumsdynamik ist die Rezeptorausstattung. Jede Gebärmutterzelle besitzt so genannte Hormonrezeptoren, über welche Hormone auf die Zelle wirken können. Über die Rezeptoren wird im Monatszyklus gesteuert, wie sich die Gebärmutter zu verhalten hat, wie die Schleimhaut gerade aufgebaut ist usw. Wenn aus diesem Verband von Muskelzellen eine Zelle ausschert, schneller wächst als die anderen und sich unkontrolliert zu teilen beginnt,  entstehen die Myome. Die Fähigkeit zum Wachstum ist sehr unterschiedlich und davon abhängig, wie viele Rezeptoren für die Hormone auf diesen Zellen vorhanden sind und in welchem Verhältnis die Rezeptoren für Östrogene und Gestagene zueinander stehen. Warum die hormonelle Steuerung jedoch nicht mehr ausgewogen funktioniert und auf welche Weise die Zellteilung aktiviert wird, ist Wissenschaftlern noch nicht genau bekannt.

Hormonelle Ausnahmesituationen und ihre Wirkung auf Myome

Haben sich erst mal ein oder mehrere Myome gebildet, so wachsen (oder ruhen) sie in ihrem individuellen Tempo. Interessant ist es, wie Myome auf hormonelle Veränderungen reagieren.

Die hochdosierte Gabe von Gestagenen (ohne Östrogene) kann Myome beispielsweise zur Rückbildung bringen. Die Dosierung in rein gestagenhaltigen Pillen oder der Hormonspirale, wie sie zur Verhütung verwendet werden, reicht dazu aber leider meist nicht aus. Doch was passiert beispielsweise in der Schwangerschaft mit Myomen? In dieser Zeit verändern sich die Hormonmengen und das Verhältnis der unterschiedlichen Hormone zueinander gewaltig.

Hormone, Myome und Schwangerschaft

Myome können, wenn sie in der Gebärmutterhöhle liegen bzw. deren Wand verformen, die Entstehung oder Erhaltung einer Schwangerschaft verhindern, doch es gibt auch viele Frauen, die trotz vorhandener Myome schwanger werden. In der Schwangerschaft dominieren die Gestagene, die anfangs der Gelbkörper, später der Mutterkuchen produziert. Große Mengen des Gelbkörperhormons sind vorhanden, um die Gebärmutter für die Einnistung des Embryos vorzubereiten und die spätere Schwangerschaft zu erhalten. Und das Progesteron spielt seine wachstumshemmende Wirkung aus: Der Großteil der Myome schrumpft in der Schwangerschaft um etwa 40%. Jedes zweite bis dritte Myom ist etwa ein halbes Jahr nach der Schwangerschaft nicht mehr nachweisbar. Myome, die über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, führen häufig zu dem Ergebnis, dass viele dauerhaft klein bleiben und nicht wieder an Größe zunehmen.

Hormone, Myome und Wechseljahre

Wenn Ihr Körper in die Wechseljahre kommt und die Hormonproduktion langsam einstellt, schrumpfen Myome ebenfalls. Da sie keine Wachstumsimpulse mehr erhalten, wird der kontrollierte Zelltod, die Apoptose, eingeleitet. Durch das Absterben der Zellen verkleinern sich die Myome, durch sie ausgelöste Beschwerden lassen nach. Leidet eine Frau jedoch unter starken Wechseljahresbeschwerden und erhält aus diesem Grund Hormonpräparate (Hormonersatztherapie), so können Myome auch weiterhin wachsen.

Ein Sonderfall sind auch Frauen mit sehr hohem Body-Mass-Index. Da im Fettgewebe das männliche Hormon Androstendion in Östron, ein weibliches Geschlechtshormon aus der Gruppe der Östrogene, umgewandelt wird, liegt bei stark übergewichtigen Frauen auch sehr viel Östron im Körper vor. Seine Wirkung ist zwar viel schwächer als die von 17β-Östradiol, aber in großer Menge kann es auch als Wachstumsanreiz für Myome dienen.

Wie werden Hormone reguliert?

Die Hormonkonzentration, die Dauer der Ausschüttung und das komplexe Zusammenspiel der Konzentrationen werden vor allem durch die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) und die Eierstöcke reguliert. Abhängig davon, in welcher Phase des Zyklusses sich eine Frau befindet, ob sie schwanger ist oder nicht, ob sie Stress hat, krank ist oder kurz vor den Wechseljahren steht, steuert die Hirnanhangdrüse ihre Hormonausschüttung ins Blut. Die Hirnanhangdrüse kann ausgetrickst werden, wie es beispielsweise bei der Einnahme der Anti-Baby-Pille geschieht. Durch die Einnahme von Hormonen über die Tablette, misst die Hypophyse, dass genügend Hormon im Blut vorhanden ist und reguliert die eigene Produktion von Hormonen herunter, durch die eigentlich die Eizellreifung in den Eierstöcken stimuliert werden sollte.

Um das Wachstum von Myomen, die Beschwerden verursachen, zu bremsen oder sie zu verkleinern, können Mediziner – neben den  nicht-operativen und operativen Therapien – mit Medikamenten ebenfalls in diesen Mechanismus einzugreifen. Das geschieht z.B. mit einer Hormonspirale, die kontinuierlich Gestagene abgibt. Oder mit GnRH-Agonisten, welche die Östrogenproduktion drosseln und dem Körper vortäuschen, in den Wechseljahren zu sein. Oder mit Ulipristalacetat, einem Wirkstoff, der an die Progesteronrezeptoren bindet und dadurch die wachstumsfördernde Wirkung von Progesteron unterbindet.

Reichen die Wirkungen der Medikamente nicht aus, um das Myom oder die Myome zu verkleinern und so die Beschwerden zu verringern,  stehen verschiedene operative und andere nicht-operative Behandlungsmethoden zur Verfügung. Eine Übersicht der medizinischen Myom Therapie-Möglichkeiten finden Sie hier.

Aus der interventionellen Radiologie stehen Ihnen zwei nicht-operative Myomtherapien mit Organerhalt zur Auswahl: Eine Myomembolisation (Uterus Arterien Embolisation (UAE)) stoppt z.B. das Wachstum der Myome, bringt sie zum Schrumpfen und führt u.a. durch die Erweichung des verödeten Myomgewebes zur Linderung myombedingter Beschwerden. Bei einer ambulanten MR-HIFU Myom-Therapie werden einzelne Myome mit fokussiertem Ultraschall zum Einschmelzen gebracht. Auch das führt zu einer Volumenreduzierung der Myome und damit zu einer Beschwerdelinderung.

Die Gynäkologie bietet die operative organerhaltende Myomentfernung. Der Operateur kann dabei je nach Anzahl, Lage und Größe der Myome die Vagina/Gebärmutterhals (hysteroskopische Myomresektion) oder den Zugang über die Bauchdecke (Myomentfernung per Bauchspiegelung oder – selten – über einen Bauchschnitt) für seine medizinischen Geräte wählen.

Wenn eine Organerhaltung nicht möglich ist oder von der Patientin nicht gewünscht wird, gibt es als Ultima Ratio verschiedene Arten der Gebärmutterentfernung (Hysterektomie) Hier werden die Beschwerde verursachenden Myome mitsamt der -Gebärmutter entnommen. Bei der sogenannten suprazervikalen Hysterektomie verbleibt der Gebärmutterhals und nur der sogenannte Gebärmutterkörper wird entfernt.
Macht ein Myom keine Probleme, bedarf es keiner der oben genannten Behandlungen. Hier heißt es: Abwarten und Beobachten.

Der Einfluss der Gene auf Myome

Dass Gene einen Einfluss auf die Bildung von Myomen haben, wird schon länger vermutet. Schon allein die Tatsache, dass Töchter von Frauen, die Myome haben bzw. hatten, häufiger selbst Myomträgerinnen sind, als Töchter von „myomfreien“ Frauen.

Verschiedene Forschergruppen haben in der jüngeren Vergangenheit herausgefunden, dass das Gen MED12 (mediator subcomplex 12) häufig in Myomen verändert ist. In dem Gen können verschiedene Veränderungen, so genannte Mutationen, auftreten. Manche führen dazu, dass die Myome kleiner sind, andere führen dazu, dass sie größer werden als Myome, in denen keine Veränderung der Gensequenz vorliegt.

Zudem haben Wissenschaftler entdeckt, dass in Myomen häufig nicht in einem einzelnen Gen, wie z.B. MED12, verändert ist, sondern dass größere Abschnitte von Chromosomen verloren gegangen, mehrfach oder an verkehrter Stelle vorhanden sind. Bei etwa jedem 5. untersuchten Myom wurden solche Chromosomenveränderungen festgestellt. Was genau diese Ergebnisse bedeuten und wie sie möglicherweise irgendwann für eine Vorbeugung vor Myomen oder zur Therapie genutzt werden können, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch vollkommen unklar.